Als Einführung zu Der Tod läuft hinterher wählte man eine Szene, in der Edward Morrison (Joachim Fuchsberger) einen Telefonanruf tätigt, der nicht beantwortet wird. Selten wurde ein Paradigma so schlicht aber trefflich formuliert. Genau dieses Verhalten auf seine Impulse ist schließlich die Grundlage des Rätsel-Krimis, der im Dezember 1967 in drei Teilen vom ZDF ausgestrahlt wurde.
Während im Kino Edgar Wallace Erfolge feiern konnte und über sich hinauswachsende Agenten Oberhand gewannen, hatte die ARD mit den Francis Durbridge-Filmen britisch angehauchte Fernsehspiele zum Straßenfeger aufgezogen. Nun sollte es an Produzent Helmut Ringelmann sein, mit Der Tod läuft hinterher die 90% Marktanteil für das Zweite Deutsche Fernsehen zu knacken.
Der Ingenieur Edward Morrison kehrt in Der Tod läuft hinterher gerade von einem mehrere Monate umfassenden Süd-Amerika-Aufenthalt nach London zurück. Als seine Schwester Alice seinen Anruf nicht beantwortet, fährt er zu deren Wohnung. Nicht gerechnet hat er damit, hier Janet Winters (Yvonne Monlaur) vorzufinden, welche sich als Nachmieterin vorstellt. Morrison muß feststellen, daß seine Schwester Selbstmord begangen haben soll.
Im Taumel der Trauer kann Morrison nicht glauben, was man ihm auftischt. Es scheint Intuition zu sein, was ihn antreibt selbst Nachforschungen anzustellen und Zeugen erneut zu befragen. Nicht nur Widersprüche ergeben sich, man verweigert ihm oft ganz die Aussage – besonders dann, wenn der Gesprächspartner leblos angetroffen wird.
Der Tod läuft nicht hinterher, wenn man es genau nimmt. Wolfgang Becker, den Ringelmann aus seiner Reihe Das Kriminalmuseum mitgebracht hat, inszeniert nach dem Buch des unter anderem bei den Wallace-Filmen verpflichteten Erfolgsautoren Herbert Reinecker eine Geschichte, die sehr akribisch danach gestrickt wurde, Fragen offen zu lassen. So erfüllen die zahlreichen Morde in Der Tod läuft hinterher gleich einen doppelten Zweck. Die Spannung wird durch geringe Informationsbrocken erhalten und die blutige Spur erhöht die Ernsthaftigkeit der Vorgänge, die man vor Edward Morrison und dem Publikum verschleiern will.
Der Tod läuft Morrisons Bestreben vorraus, gerade, wenn es zu einer belastenden Aussage kommen soll.
Man muß nicht vor den Vögeln aufgestanden sein, um hierin Funktionalität zu erkennen. So ist es bei blümerantester Phantasie schwer, einen Kriminalreißer von insgesamt 211 Minuten ohne Dehnübungen zu verwirklichen. Heute gebündelt auf DVD erhältlich und gemeinhin am Stück goutiert, sollte man Verständnis dafür aufbringen, daß Der Tod läuft hinterher in seinen drei Happen an unterschiedlichen Tagen ausgestrahlt worden ist und für das breite Publikum die Vorgänge dabei verständlich bleiben mußten.
Das naive Vorgehen der ermittelnden Privatperson, die zudem noch Unterstützung durch die Tochter eines Mordopfers erhält, regt ein wenig zum schmunzeln an, wird jedoch durch die betretenen Fettnäpfchen nicht überstrapaziert. Dennoch kann man auf eine gewisse Art die Bedenken des ZDF verstehen, welche eine Wiederholung von Der Tod läuft hinterher aufgrund der aktuellen Sehgewohnheiten in Frage stellten beziehungsweise sich nach Jahren zu einem Sendeplatz auf dem Spartenkanal ZDFtheater erbarmten.
Inhaltlich bewegt man sich in einem Bereich, der das arme Muttchen in Sorge um das Schicksal der eigenen Tochter versetzen konnte. Dennoch handelt es sich zumeist um Andeutungen, was die Zahl der Toten allerdings nicht geringfügig erscheinen läßt.
Verrucht aber züchtig bekleidet geht es im Malibu zu, einem Londoner Nachtclub, in welchem immer wieder die Fäden zusammenlaufen. Halbwelt, Tänzerinnen und immer wieder bestimmte Namen und Gesichter.
Das Besondere an Der Tod läuft hinterher ist, daß man sich bewußt dafür entscheidet, die Kameramotive stets auch an tourismuswirksamen Orten zu suchen. Dieser Schritt ist umso verständlicher, blickt man zurück auf die frühen Edgar Wallace Filme, bei denen man versuchte, über einen Fundus von Archivaufnahmen immer wieder die Illusion Englands zu erzeugen.
Man geht noch einen Schritt weiter, indem man die Spurensuche bis nach Frankreich ausweitet. Für sein Ende wählt Herbert Reinecker einen ebenso ungewöhnlichen Ansatz. Einen strahlenden Helden im besten Sinne gibt es nicht. Viel mehr darf das Publikum mitfühlen, wie Edward Morrison das Zerbrechen der eigenen Vorstellung erkennen muß.
Mit Babeck und 11 Uhr 20 legte das Trio Helmut Ringelmann, Herbert Reinecker und Wolfgang Becker noch zwei weitere Dreiteiler nach. Auch bei der von Ringelmann und Reinecker entwickelten und ab 1968 ausgestrahlten Krimi-Serie Der Kommissar traf man sich bald wieder. Das Kriminalnetz scheint eng gewoben. Ein Blick auf das hier aufgefahrenen Ensemble offenbart neben Joachim Fuchsberger ein Großaufgebot bekannter Gesichter, die sich durch manches Werk der damaligen Zeit – und da sind wiederum die Erfolge oft auf Wallace-Basis entstanden – in die noch heute erwärmten Herzen des Publikums gespielt haben.
Ob Blacky Fuchsberger nun keck von der mit 25 als blutjung verkauften Christiane Schröder angeflirtet wird, oder der böse Blick Elisabeth Flickenschildts vom Unmut über seinen Besuch zeugt, die Frauen sind mindestens so gut aufgestellt wie die Männer, die mit Pinkas Braun oder Jan Hendriks trefflich zwielichtige Gestalten bieten. Außerdem sind die Ohren der Synchronfans gefragt, vertonten Schauspieler wie Friedrich Schoenfelder doch Genrestars wie Peter Cushing, Vincent Price oder Michael Gough.
Rückblickend ist eine Mini-Serie wie Der Tod läuft hinterher also ein vielschichtigeres Kultobjekt als man zunächst annehmen mag. Trotz gemächlichen Tempos stets interessant bleibend handelt es sich vielleicht nicht um etwas, was den heute gemeinen Sehgewohnheiten entsprechen mag. Aber ist dies nicht genau durch eine abwehrende Haltung wie die der Sendebetriebe auch forciert? Gerade weil man auch als Zuspätgeborener über das Angebot zum Fan werden kann, sollte man doch diese Vielseitigkeit pflegen.
Sicher wird die wenigsten Zuschauer heute jucken, daß die Erzählerstimme der Rückblicke in den Folgen 2 und 3 von keinem geringeren als Horst Tappert stammt. Aber der Gesamteindruck zählt. Wer sich mit dem deutschen Kino der 60er Jahre beschäftigt, fühlt sich unmittelbar zuhause. Mehr noch verdeutlicht der für Der Tod läuft hinterher betriebene Aufwand, wie sich das Fernsehen in die vorherigen Territorien des Kinos vorwagte und dem Erfolg der Lichtspielbetriebe stückweise den Rang ablief. Für so ein blendendes historisches Exempel aber ist Der Tod läuft hinterher ein so lebendiger Kriminalthriller, daß man als aufgeschlossener Zuschauer an dieser Produktion nicht vorbei kommt.